Friday 6 November 2009

Die Kunst des Aufschiebens

Wer hat es nicht schon erlebt? Man weiß, dass man die Steuererklärung abgeben muss, aber stellt sie erst fertig, wenn das Zwangsgeld angedroht wird. Man weiß, dass man 4 Wochen Zeit hat, um eine Hausarbeit in den Semesterferien fertigzustellen, und fängt erst in der letzten Woche an. Kurz vor Abgabetermin kämpft man dann mit dem Drucker, der einen natürlich gerade jetzt im Stich lässt. Man hat einen Job, der einem nicht gefällt, aber man kann sich nicht durchringen, seinen Lebenslauf zu aktualisieren und endlich das Projekt Jobsuche effektiv anzugehen.

Warum ist das so? Sind wir wirklich alle so faul und träge? Warum schaffen wir es dann, uns stundenlang gute Gründe auszudenken, warum wir das aufschieben, was wir eigentlich machen sollten? Warum fangen wir auf einmal an, die ganze Wohnung aufzuräumen, statt endlich die Steuererklärung, die Hausarbeit oder den Lebenslauf fertigzustellen? Warum müssen wir erst noch "kurz" einen Kaffee trinken, einen Freund anrufen, einkaufen gehen? Wir sind doch eigentlich gar nicht faul und träge, sondern durchaus aktiv und kreativ!

Einer der Hauptgründe liegt m.E. darin, dass wir oft Angst haben, wichtige Projekte anzugehen. Die Steuererklärung verstehen wir nicht wirklich, es ist unangenehm, sich damit zu beschäftigen. Bei der Hausarbeit wissen wir nicht, wo wir anfangen sollen, weil wir die Materie nicht kennen und es nahezu unmöglich erscheint, über das Thema der Hausarbeit 50 Seiten zu schreiben. Was wird außerdem passieren, wenn das Ergebnis nicht den Anforderungen genügt? Das letzte Mal bin ich gerade noch so durchgekommen... Und bei der Jobsuche erst, wie wird sich mein Leben verändern, wenn ich das Thema wirklich ernsthaft angehe und tatsächlich einen neuen Job erhalte? Was wird die Familie dazu sagen? Werde ich mich im neuen Job durchsetzen können? Wird mir der neue Job überhaupt Spaß machen? Bleibe ich nicht doch lieber da, wo ich bin, da weiß ich wenigstens, was mich erwartet...

Es geht also darum, zunächst nach den wahren Gründen zu fragen, die einen abhalten, wichtige Projekte anzugehen, es geht darum, das diffuse Gefühl des Unwohlseins durch eine klar definierte Angst zu ersetzen. Ist erst einmal klar definiert, was der wirkliche Grund ist, dass man ein Projekt aufschiebt, dann verliert es bereits oft seinen Schrecken. Wir fühlen uns nicht mehr hilflos, sondern können rational überlegen, wie wir die Sache bewältigen können. Wir können einen Plan erstellen. Wenn wir uns dann auch noch klar machen, was sich alles positiv verändern kann, wenn wir die Aufgabe erfolgreich bewältigt haben (die Einkommensteuerrückerstattung, das Ticket in das neue Semester oder endlich Arbeit haben, die man liebt), dann kann uns dies auch die nötige Motivation verschaffen, um sogleich loszulegen! Außerdem haben wir dann später auch allen Grund, unsere Erfolge zu feiern!

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